Aus dem Landtagswahlprogramm 2017 von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW
Kultur
Kultur und Kunst sind ein zentraler Teil des Lebens: im Land, in den Kommunen, in den Schulen und in freien Angeboten. Wir GRÜNE stehen für die Realisierung der UN-Charta „Kulturelle Teilhabe als Menschenrecht“ durch die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der kulturellen Vielfalt und deren Infrastruktur. Dazu braucht es unterstützende Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturschaffende, aber auch Maßnahmen für faire Honorare und Entgelte sowie die Berücksichtigung der speziellen Einkommenssituation vieler selbständiger Kunst- und Kulturschaffender in den sozialen Sicherungssystemen. Alle Menschen müssen die Möglichkeit haben, kulturelle und künstlerische Angebote wahrzunehmen, und kulturelle Vielfalt muss als Gewinn und als Bereicherung anerkannt werden.
Wir GRÜNE stehen dafür, dass die Freiheit der Kunst nicht durch wirtschaftliche Zwänge beschränkt wird. Künstlerische und kulturelle Freiräume müssen erhalten werden.
Identität, Inklusion und Interkultur sind zentrale Aufgaben für die politische Kulturarbeit der kommenden Jahre. Nur so kann erfolgreiche Integration der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gelingen. Eine wesentliche, gerade im letzten Jahr sehr akut gewordene Aufgabe, liegt in der Einbindung der vor Krieg und Verfolgung geflüchteten Menschen. Aber auch Menschen mit Migrationshintergrund, die teilweise schon seit Jahren und Jahrzehnten in NRW leben, können über gute Kulturarbeit und kulturelle Angebote noch besser am gesellschaftlichen Leben beteiligt werden.
Viel erreicht – GRÜNE Erfolge seit 2010
Es ist uns gelungen, bestehende Einrichtungen des Landes und Großangebote – vom Festival der freien Szene, dem Impulse Theater Festival bis zur Ruhrtriennale – zu sichern und ihren Erhalt zu gewährleisten. Durch das Kulturfördergesetz NRW, dessen Entstehung von einem erfolgreichen und regen Beteiligungsprozess im Gesetzgebungsverfahren begleitet wurde, haben wir wichtige Signale in Richtung Kulturszene gesetzt. Auch die Aufstellung des mehrjährig verbindlichen Kulturförderplans für NRW war eine Wegmarke und ein Vorbild für die gesamte Bundesrepublik.
Ähnliches gilt für den „Kulturrucksack“, den wir in Kooperation mit 220 NRW-Kommunen geschnürt haben, um die kulturelle Bildung in NRW zu stärken. Damit verfolgten wir die gleiche Zielsetzung wie durch die Weiterführung des Programms „Kultur und Schule“ mit landesweit 7847 Projekten und die Weiterentwicklung des Programms „JeKi“ zum Programm „Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen (JeKits)“. Im letzten Jahr waren daran 111 Kommunen mit 720 Grundschulen beteiligt. Diese Programme gilt es zu präzisieren und passgenauer auszurichten, damit sie noch mehr Kinder und Jugendliche erreichen können.
Verlässliche Kulturförderung – Ein neuer Aufschlag für eine verlässliche Kulturpolitik
Ab 2017 brauchen wir kulturpolitisch einen neuen Aufschlag: mehr Förderverlässlichkeit, Übertragbarkeit der Mittel und Rücklagenbildung und insgesamt mehr Förderung bei weniger Bürokratie. So ist es im deutschlandweit wegweisenden NRW-Kulturfördergesetz bereits angelegt.
Der Verfassungsauftrag des Landes NRW – „Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern“ (Art. 18, Satz 1) – verpflichtet Land und Kommunen, die Kulturförderung haushälterisch dauerhaft sicherzustellen. Die Kunst- und Kulturförderung des Landes soll daher nicht nach Kassenlage, sondern gesellschaftspolitisch verantwortungsvoll und bedarfsgerecht erfolgen. Damit tragen wir auch zu einer besseren finanziellen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden bei.
Diese „neue Verlässlichkeit“ kommt gerade den Kommunen in NRW zugute, die seit Jahr und Tag mit über 80 Prozent den weitaus größten Teil der Kunst- und Kulturangebote in NRW finanzieren und damit unserem Land die besondere Stärke als Kulturland mit einem der dichtesten Kulturangebote weltweit erhalten.
Kommunale Kulturpolitik – Kultur vor Ort
Gerade deshalb gilt es auch, Hürden für die kommunale Kulturpolitik abzubauen. Kommunale Bibliotheken sollten, genau wie Theater, Museen, Kulturzentren und wissenschaftliche Bibliotheken – sonntags öffnen. Wir setzten uns dafür ein, die entsprechenden Regelungen zu verändern.
Kooperationsprojekte wie der „Theaterpakt“, aber auch Angebote wie der „Kulturrucksack“ , „JeKits“ oder „Schule und Kultur“ sollen verstärkt werden. Kinder- und Jugendkulturangebote bilden die Grundlage für ein langfristig vielfältiges und breit akzeptiertes Kulturangebot in NRW.
Kultur ist auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Mit einer Diversity-Strategie in der Kulturpolitik wollen wir dafür sorgen, dass die Kultur vielfältiger und bunter wird. Dementsprechend sollen bei der Vergabe von Mitteln aus Kulturförderprogrammen Vielfaltsaspekte stärker berücksichtigt werden. Daher stehen wir auch für die stärkere internationale Vernetzung, den interkulturellen und kreativen Austausch.
Vom Schauspielhaus bis zum soziokulturellen Zentrum ist der Weg nicht weit. Ob Leerstandsnutzung oder Freiraumbelebung – Kunst- und Kulturschaffende, Startups und Kreative brauchen Platz um weitestgehend frei von wirtschaftlichen Zwängen Individualität und Kreativität ausleben zu können. Dem muss vor Ort entsprochen werden. Wir GRÜNE setzen uns für eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsgrundlagen von Künstler*innen und anderen Kreativen ein. Es gilt, deren Aktivitäten und Veranstaltungen zu fördern. Wir wollen die „Freie Szene“ weiterhin und verstärkt fördern. Dazu gehört auch, die Arbeit kommunaler Kulturbüros nicht aus den Augen zu verlieren und die Vernetzungsarbeit unserer Landeskulturbüros weiter zu stärken.
Eine professionalisierte Zwischennutzung leerstehender Gebäude oder von Brachflächen füllt Leerstand mit Leben – mit Gewinn für alle Beteiligten. Deshalb wollen wir Initiativen fördern, die Kreative und Eigentümer*innen zusammenbringen.
Teilhabe an Kultur – Kultur baut Brücken
Die Teilhabe an Kunst, Kultur und Sport gehört für die meisten Menschen zu einem lebenswerten Alltag. Um diesen Zugang zu gewährleisten, müssen immer wieder Barrieren überwunden und Brücken gebaut werden. Wir wollen Kunst und Kultur integrativ und inklusiv ausgestalten. Dazu gehört es auch, kulturelle Angebote möglichst barrierefrei anzubieten, die interkulturelle Öffnung von Kulturangeboten zu fördern und Kooperationsprojekte zu unterstützen. Insbesondere Museen sollten als selbstverständlicher Teil des öffentlichen Raums wahrgenommen und genutzt werden.
Ermäßigungen in Museen, Theatern und Büchereien sind wichtig, um den Ausschluss ganzer Gruppen vom kulturellen Leben zu verhindern. Doch nicht immer werden diese Angebote angenommen. Das liegt auch daran, dass die Hemmschwelle, sich an der Kasse gegenüber Fremden als „unterstützungsbedürftig“ zu outen, sehr hoch ist. Gerade deshalb haben Projekte eine große Bedeutung, die auf von Armut betroffene Menschen zugehen oder sie direkt einbeziehen. Auch Kinder- und Jugendliche sollten verstärkt die Möglichkeit haben, kostenlos Kultureinrichtungen zu besuchen.
Insgesamt gilt auch kulturpolitisch: Für die Angebote für Kinder und Jugendliche und für Erwachsene bis ins hohe Alter, für die Unterstützung der kommunalen Kulturförderung und für die Verstetigung der Förderung unserer Landeskultureinrichtungen müssen wir noch erheblich mehr tun. Wir GRÜNE setzen uns deshalb dafür ein, den NRW-Kulturetat bis zum Jahr 2022 jährlich maßvoll zu erhöhen, damit wir auch kulturpolitisch den neuen gesellschaftspolitischen Herausforderungen gewachsen sind.
Denkmalschutz – Denkmalschutz stiftet Identität
Gerade in Zeiten der Globalisierung suchen die Menschen identitätsstiftende Orte in ihrem näheren Umfeld, wollen genauer wissen, was alt und bedeutend, also heimatprägend ist. Der Schutz und die behutsame Weiterentwicklung unseres baukulturellen Erbes ist dabei eine besondere Verpflichtung. Eine besondere Rolle kommt dabei der Denkmalpflege zu.
Mit der Umstellung auf die Darlehensförderung der NRW.Bank sind die Landeszuschüsse erheblich gekürzt worden. Das war falsch. Deshalb setzen wir uns für eine maßvolle Ausweitung der Denkmalfördermittel bis 2022 ein. Insbesondere die Kommunen müssen entlastet werden. Mit seinem frühen Denkmalschutzgesetz, seinen Schwerpunkten auf Archäologie und Landesdenkmalpflege lag Nordrhein-Westfalen viele Jahre auf dem Spitzenplatz, wenn es um nachhaltigen und erfolgreichen Denkmalschutz ging. Zu diesem NRW-Standard, der bundesweit Maßstäbe gesetzt hat, wollen wir zurückkehren. Uns ist dabei bewusst, dass es zu oft einen Konflikt zwischen den Ansprüchen an Barrierefreiheit und energetische Sanierung einerseits und dem Denkmalschutz andererseits gibt. Auch wenn dieser Konflikt nie gänzlich gelöst werden kann, setzen wir auf einen inklusiven und möglichst klimafreundlichen Denkmalschutz.
Popkultur in NRW wieder besser fördern
Wir GRÜNE wollen, dass in NRW eine strukturierte Förderung von Popularmusik stattfindet. Basierend auf konkreten Analysen und Erfahrungen (beispielsweise des Rockbüros NRW) soll eine Vision für eine effektive Rock- und Popmusikförderung für NRW erarbeitet werden, die auch eine einheitliche und aufeinander aufbauende Strukturförderung zwischen den Bereichen Jugend- und Subkultur, Freizeitkultur und Kreativwirtschaft vorsieht.
Durch konkrete Umsetzungsstrategien könnten bestehende Angebote wie popUP, create music, Evangelische Popakademie, die Populärbereiche der Musikschulen, c/o pop und weitere intensiver miteinander verknüpft werden. Zudem soll eine Informationsstruktur über Förder- und Bildungsmöglichkeiten sowie über Berufsfelder in der Popkultur aufgebaut werden.
Rock- und Popmusik an der Schnittstelle von Kultur- und Kreativwirtschaft müssen mit gezielten Infrastrukturmaßnahmen eine verantwortungsvolle und nachhaltige Förderung erfahren. Dabei stehen kleine und mittelgroße Livemusik-Spielstätten und ihre Sicherung im Fokus.
Kultur – das wollen wir GRÜNE:
- Künstler*innen stärken
- kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche verstetigen
- Denkmalschutz wieder starkmachen
- Kultur mit Identität, Inklusion und Interkultur verknüpfen